Barack Obama geht aus der
US-Präsidentschaftswahl mit deutlichem Vorsprung als Sieger hervor und bleibt
im Amt.
Die Washington Post hat drei zentrale Gründe
für seine Wiederwahl ausgemacht: (1) Obamas Entscheidung, in der Krise die US-Automobilkonzerne
zu retten, verschaffte ihm gerade im wichtigen US-Staat Ohio, in dem diese
Industrie eine wichtige Rolle spielt, Rückenwind – 59 Prozent der Wähler dort befürworteten
diese Maßnahme; seine Entscheidung, bestimmten illegalen Immigranten temporäre
Bleibe- und Arbeitsrechte in den USA einzu-räumen, verschaffte ihm gerade in
Florida die Stimmen von 60 Prozent der Latinos, 3 Prozentpunkte mehr als bei
der letzten Wahl; sein viel gelobtes Krisenmanagement des Hurricans „Sandy“ war
für 42 Prozent der US-Wähler ein wichtiger Faktor bei der Wahl.
Die zweite wichtige Nachricht ist:
An dem politischen Patt zwischen
Demokraten und Republikanern hat sich durch die Wahlen nichts geändert.
Die Republikaner behalten die Mehrheit im
Kongress, die Demokraten die im Senat und es sieht auch nicht danach aus, als
habe sich etwas an der mangelnden Kompromissbereitschaft der beiden Parteien
geändert. In zentralen Fragen, vor allem auch in der der Bewältigung der
ausufernden Staatsschulden, prallen damit nach wie vor zwei Welten aufeinander.
Für Obama und seine Demokarten bedeutet
der Wahlausgang zunächst, dass zwei Schlüsselprojekte, nämlich die Gesundheits-
und die Finanzmarktreform (Dodd-Frank-Act), nicht rückgängig gemacht werden
können. Die Wall Street hatte Mitt Romney in der Hoffnung unterstützt, dass er
sie als Präsident wieder vom Haken der strengeren Regulierung lassen würde. Danach
sieht es nun nicht mehr aus.
Im Gegenteil ist besonders bemerkenswert
und vielleicht auch als Signal zu werten, dass Professor Elizabeth Warren, die
an Harvard Vertrags-, Insolvenz- und Wirtschaftsrecht lehrt, die Wahl zum
Senator von Massa-chusetts für sich und für die Demokraten entscheiden konnte. Denn
sie gilt nicht nur als kundige Expertin und einflussreiche Beraterin Obamas in
Sachen Finanzmarktregulierung sowie insbesondere auch für Verbraucher-schutz bei
Finanzprodukten. Darüber hinaus war sie auch die Vorsitzende des Kongress-Ausschusses
zur Untersuchung des Bankenrettungsprogramms TARP (Troubled Asset Relief
Programm). Warren gilt als eine der energischsten und konsequentesten Verfechter
der Zügelung der Wall Street und der Stärkung des amerika-nischen Mittelstands,
dessen Niedergang sie in ihrer Forschungsarbeit an der Universität verfolgte
und dokumen-tierte. (2) Ihr republikanischer Kontrahent und amtierender Senator,
Scott Brown, war in den zurückliegenden Jahren hingegen als Verbündeter der
Wall Street aufgefallen, der im Senat eine strengere Regulierung torpedierte. (3)
Barack Obama ist in seinem Wahlkampf
inhaltlich allerdings sehr vage geblieben. Welche Schwerpunkte er in seiner
zweiten Amtszeit setzen wird, hat er nicht deutlich gemacht. In jedem Fall
gilt: Es wird seine letzte Amtsperiode sein und das bedeutet, er braucht keine
Rücksicht mehr auf seine Wiederwahlchancen zu nehmen oder anders ausgedrückt
nicht mehr eine Politik mit angezogener Handbremse zu fahren.
Ob er das will und wenn ja bei welchen
Themen, ist unklar. Klar ist indes, dass er angesichts des weiterhin
vorliegenden politischen Patts und der nach wie vor nicht vorhandenen
Kompromissbereitschaft dieses Plus voraussichtlich nicht allzu erfolgreich wird
ausspielen können. Die Republikaner werden ihn blockieren, wenn es um die
Verteidigung ihrer zentralen Positionen geht.
Und so geschieht nun nach der Wahl genau
das, was vorher von den meisten bereits prognostiziert worden war: Washington
steuert sich selbst blockierend auf die fiskalische Klippe – massive Ausgabenkürzungen
und Steuererhöhungen - am Ende des Jahres zu, die die US-Wirtschaft rasch nach
unten, in die Rezession ziehen könnte.
Barack Obama hat heute Morgen in seiner
Rede zur Wiederwahl in Chicago zu seinen Anhängern gesagt: „In unserem Herzen
wissen wir, dass die besten Zeiten für die Vereinigten Staaten von Amerika noch
kommen“. (4) Die Amerikaner sind für ihren unerschütterlichen Optimismus und
ihre Tatkraft bekannt und Obama hat damit die amerikanische Seele gestreichelt.
Doch was ist ein unerschütterlicher
Optimismus wert, in einem politisch gelähmten Land, dessen Wirtschaft nicht auf
die Beine kommt und das in seinen Schulden zu versinken droht?
„Yes we can!“, Obamas Slogan im letzten Wahlkampf,
hat sich als Illusion erwiesen. Auch in diesem Punkt hat die gestrige Wahl
nichts geändert.
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