Presseberichte über unmittelbar bevorstehende
Richtungsentscheidungen bei der Bank of Japan haben die Börsenindices in Tokio heute
in die Höhe katapultiert und den Erwartungsdruck massiv erhöht. Demnach soll
sich die Bank of Japan bereits mit der Regierung auf die Erhöhung des
Inflationszieles von einem auf zwei Prozent geeinigt haben und erwägen, sich auf
ihrer zweitägigen Sitzung in der kommenden Woche darauf festzulegen, so lange
Anleihen aufzukaufen, bis das neue Inflationsziel erreicht ist. Darüber hinaus
stehe zur Entscheidung, künftig keine Zinsen mehr auf die Reserveeinlagen von
Banken zu zahlen und ob die japanische Notenbank ebenso wie die Fed die Förderung
von Beschäftigung in ihren Zielkatalog aufnimmt. (1)
Damit würde die Bank of Japan, die bisher
immer eine skeptische Haltung gegenüber der lockeren Geldpolitik eingenommen
und vor den damit verbundenen Gefahren gewarnt hat (2), endgültig den Fuß von der
geldpoli-tischen Bremse nehmen und zu einem Zeitpunkt vollständig auf den Fed-Kurs
einschwenken, da dieser innerhalb der Fed zunehmend kritisch beurteilt wird und
auf der Kippe steht (3).
Der neue Premier Shinzo Abe von der liberaldemokratischen Partei (LDP) hatte bereits deutlich gemacht, dass er von Japans Notenbank die Erhöhung ihres Inflationsziels erwartet und sie zu einer deutlich aggressiveren Geldpolitik bringen will, notfalls auch im Wege einer Einschränkung ihrer Unabhängigkeit. (4) Vor wenigen Tagen hatte die neue Regierung darüber hinaus bereits ein neues Konjunkturprogramm beschlossen (5), das mit einem Volumen von umgerechnet 175 Mrd. Euro bedeutend größer als alle von der vorherigen Regierung beschlossenen ausfällt. Die mit über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ohnehin schon sehr hohe Staatsverschuldung Japans wird damit nochmals kräftig ansteigen.
Abe hofft damit die japanische Wirtschaft
und den Arbeitsmarkt bis zu den Oberhauswahlen im Sommer endlich kräftig in
Schwung bringen zu können. (6) Damit stürmt er wirtschaftspolitisch als
einziger beherzt in die entgegengesetzte Richtung aller anderen
Industriestaaten, die – mit Ausnahme der USA, die sich nach wie vor nicht
entscheiden können – auf Austeritätspolitik setzen.
Zwar ist aufgrund der Größe des
Konjunkturpakets eine positive Wirkung auf die Wirtschaft zu erwarten. In der
zurückliegenden Weltwirtschaftskrise hatten alle weltweit aufgelegten Konjunkturpakete
jedoch keine nachhaltige positive Entwicklung in Gang setzen können. Sie haben aber
– neben den Bankenrettungspaketen - die Staats-verschuldung in die Höhe
getrieben. Den zu erwartenden positiven Wirkungen des Konjunkturpakets stehen zudem
vor allem die Gefahr einer weiteren Abkühlung der Weltwirtschaft entgegen und die
– infolge des Streits um die Senkaku-Inseln – angespannten Beziehungen zu
China, die sich in Japan wirtschaftlich spürbar negativ auswirken.
Es ist auch fraglich, inwieweit es der
japanischen Notenbank gelingen kann, den Yen-Kurs zu drücken, damit die stark auf
den Export angewiesene japanische Wirtschaft davon profitieren kann. Sie hat in
der Vergangenheit bereits mehrfach an den Devisenmärkten interveniert, um den
Yen-Kurs zu drücken. Das ist ihr indes immer nur kurzzeitig gelungen. Es darf darüber
hinaus bezweifelt werden, ob heute angesichts der Summen, die an den Devisenmärkten
täglich bewegt werden, eine einzelne Notenbank allein überhaupt noch dazu in
der Lage ist, den Kurs einer bedeutenden Währung maßgeblich zu beeinflussen. Last
but not least ist die bisherige Bilanz der lockeren Geldpolitik, was die
Stimulierung der Wirtschaft anbelangt, ebenfalls überaus bescheiden. Das zeigt nicht
zuletzt das Beispiel USA sehr deutlich.
Es ist keine Frage, Japans neuer Premier
geht mit seiner Krisenpolitik ein gewaltiges Risiko ein. Die Bank of Japan wird
dies nicht leichten Herzens unterstützen wollen. Die entscheidende Frage ist,
ob und wenn ja, wie lange sie es schafft, dem Druck von Shinzo Abe
standzuhalten. Das Treffen von Japans Notenbankern hat durch die heutigen
Berichte über die dort zu entscheidenden Fragen in jedem Fall bereits den
Charakter einer Entscheidungsschlacht zwischen Notenbank und Regierung
bekommen. Abe setzt offensichtlich auf einen raschen Sieg der Regierung. Er
kann sich einer hohen internationalen Aufmerksamkeit sicher sein. Wenn seine
Rechnung nicht aufgeht, hat er gerade deswegen aber auch gleich zu Beginn
seiner Amtszeit ein großes Problem.
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