Montag, 26. Januar 2015

Wahlausgang in Griechenland: Nur die Ruhe vor dem Sturm?



An der Ostküste der Vereinigten Staaten wird ein extrem starker Schneesturm erwartet – an den Finanzmärkten ist ein der Sturm nach dem gestrigen Wahlsieg des Linksbündnis­ses Syriza in Griechenland hingegen ausge-blieben. Weder der Euro noch Europas Börsen reagierten heute Morgen heftig. Auch bei den Staatsanleihen europäischer Krisenstaaten einschließlich der von Griechenland blieben starke Reaktionen aus. Nur die Börse in Athen verzeichnet deutlichere Verluste. Deswegen bereits jetzt Entwarnung zu geben, wäre jedoch verfrüht.
Der Syriza-Sieg war an den Märkten erwartet worden. Alle Umfragen hatten dies prognostiziert. Gleichwohl hat die Syriza besser abgeschnitten als von den meisten erwartet – aber nicht gut genug, um alleine regieren zu können. Dafür hätte sie 151 der insgesamt 300 Sitze im Parlament erringen müssen. Tatsächlich kann sie jetzt 149 Abgeordnete stellen.
Einen Überblick über den Ausgang der Wahl beim gegenwärtigen Auszählungsstand gibt nachfolgende Tabelle.
Zum Vergrößern bitte Tabelle anklicken!
Dass die Börsen über den Sieg einer Linkspartei nicht jubeln würden, war klar gewesen. Für die Regierungen der Euro-Gruppe wie für die Finanzmärkte ist die Syriza allerdings ein immer noch weitgehend unbeschriebenes Blatt. Denn das Linksbündnis gibt in Griechenland sein Regierungsdebüt. Es wird also ein Kabinett von Newcomern sein und wie die praktische Politik konkret aussehen wird, ist noch nicht klar. Dasselbe gilt für den Verlauf der Verhandlungen mit der Euro-Gruppe. Für Griechenland selbst, das über Jahr­zehnte immer nur von der konser-vativen Nea Dimokratia oder der sozialdemokratischen PaSoK regiert wurde, ist es ein historischer Einschnitt. Was das letztlich für Griechenland bedeutet, ist noch nicht abzusehen.

Eine Unbekannte: Folgen für die Wahlen in Portugal und Spanien

Was ebenfalls schwer abzuschätzen ist, sind die Folgen des Wahlausgangs für die in diesem Jahr anstehenden Parlamentswahlen in den Euro-Krisenländern Portugal (Oktober 2015) und Spanien (Ende 2015). Das politische Establishment wird vor allem in Spanien von einer weiteren neuen Linkspartei herausgefordert, die aus einer Protestbewegung gegen den austeritätspolitischen Kurs der konservativen Regierung entstanden ist. Podemos („Wir können“) lag in den Umfragen der letzten Wochen teils knapp hinter, teils aber auch vor der allein regie-renden konservativen „Partido Popular“ (PP) des Ministerpräsi­denten Mariano Rajoy. Spaniens Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) überflügelt die neue Protestpartei in den meisten Umfragen sogar bereits deutlich.
Dass die Syriza das politische Establishment Griechenlands entmachtet hat, könnte nicht nur Podemos in Spanien, sondern auch der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip) bei den Wahlen zum britischen Unterhaus in diesem Jahr (Anfang Mai) zusätzlichen Rücken­wind geben. Denn die Ukip will erklärtermaßen ebenfalls mit dem verfilzten, abgehobe­nen und korrupten politischen System des Landes aufräumen. In Italien ist es die Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillos, die sich das auf die Fahnen geschrieben hat.
Fazit: Mit dem Schlimmsten für Griechenland (und die Euro-Zone) rechnet zumindest gegenwärtig niemand. Wie die Verhandlungen der neuen griechischen Regierung mit der Euro-Gruppe verlaufen werden, beschäftigt die Marktteilnehmer deswegen vorerst eben­so wenig wie die Konsequenzen für Wahlen in Portugal und Spanien und für die Euro-Zone.
Das kann sich freilich ändern, wenn Wahlgewinner Alexis Tsipras die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen hat, seine Politik konkrete Konturen annimmt und die Verhandlun­gen mit der Euro-Gruppe beginnen. Erst dann wird sich nämlich zeigen, wie ernst Tsipras es mit seiner Ankündigung, die Austeritätspolitik zu beenden und eine Schuldenerleichte­rung auszuhandeln, wirklich gemeint hat. Ihn zu unterschätzen, wäre ein Fehler. Der Ehrgeiz, etwas zu erreichen, ist da. Er weiß, dass er in Europa längst kein einsamer Rufer mehr ist. Aber er ist der erste Rufer, der zur Tat schreiten kann.

1 Kommentar:

  1. Heiße Luft!
    Beeindruckkend mit welchem Getöse so ein Wahlsieg einhergeht. Nun gilt es etwas Messbares aufs Parkett zu legen. Schneidet sich die Linke in Griechenland selbst den Futtertopf ab? Wohl kaum! Ein Austritt bleibt wohl die einzigst "Echte" Alternative für das Volk. Damit würde aber wohl auch die Linke schon Morgen wieder Geschichte sein. Dieser Euro ist einfach abartig!!

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