Viele hatten erwartet, dass das
Brexit-Votum und Korruptionsskandale um die konservative Regierungspartei die Neuwahl
in Spanien beeinflussen würden. Doch das Wahlergebnis sieht nicht danach aus.
Wahlergebnis in Spanien: Es bleibt wie es war - vertrackt
Bei praktisch gleich hoher Wahlbeteiligung
wie im Dezember 2015 (69 Prozent) wurden – allen Korruptionsskandalen zum Trotz
– die Konservativen von Premier Mariano Rajoy (Partido Popular (PP)) mit einem Stimmenanteil von 33,03 Prozent (2015: 28,71 Prozent) und
137 Sitzen (2015: 123) erneut
stärkste Partei. Sie konnte sich sogar deutlich verbessern. In Reichweite der
absoluten Mehrheit (176 Sitze) kam sie jedoch nicht und das bedeutet, dass sie
genau wie im Dezember einen Koalitionspartner finden muss, um weiterregieren zu
können.
Die Sozialisten
(PSOE) konnten ihre Position als zweitstärkste politische Kraft zwar halten
und ihren Stimmanteil von 22 Prozent (2015) leicht auf 22,66 Prozent erhöhen. Gleichwohl verloren sie bedingt durch die
Besonderheiten des spanischen Wahlsystems fünf Sitze und werden im neuen
Parlament mit nur noch 85 Abgeordneten
vertreten sein.
Die konservativ-liberale Newcomer-Partei Ciudadanos verschlechterte sich
ebenfalls gegenüber ihrem Wahlresultat im Dezember. Sie erhielt nur noch 13,05 Prozent der Stimmen (2015: 13,94
Prozent) muss allerdings acht Sitze im Parlament abgeben, in das sie künftig 32 Abgeordnete entsenden kann.
Große Koalition bleibt die wahrscheinlichste Lösung
Das bedeutet: Für die Regierungsbildung
kommt praktish lediglich eine von der PP geführte Große Koalition mit den Sozialisten (PSOE) oder eine von der POSE
geführte linke Regierungskoalition
in Betracht. Allerdings haben PSOE und Unidos Podemos zusammen keine absolute
Mehrheit. Sie sind also auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen.
Die Spanier hatten wenig Verständnis für
die egoistischen Streitereien der Parteien, an denen die Bildung einer neuen
Regierung gescheitert und eine Neuwahl nötig geworden war. Der Druck auf die
Parteien, sich nun irgendwie zusammen zu raufen, ist deswegen sehr groß.
Trotzdem wird es sehr schwierig werden,
die aufgebauten Unversöhnlichkeiten und persönlichen Animositäten aus dem Weg
zu räumen. Gerade Spitzenpolitiker werden über ihren Schatten springen müssen
und das könnte durchaus auch das Ende von politischen Karrieren bedeuten.
Am Morgen zunächst keine neuen Turbulenzen an den Börsen
Es ist nicht absehbar, ob die Politiker
der Parteien mit Regierungsoption wirklich bereit sein werden, in den sauren
Apfel zu beißen und einen erwartbar hohen Preis für die Regierungsverantwortung
zu bezahlen. So lange bleibt auch nach dieser Wahl in Spanien alles in der
Schwebe. Diese Problematik, das heißt die politische Lähmung, bleibt Spanien folglich
zunächst erhalten.
Das sind keine guten Nachrichten aus dem
viertgrößten Euro-Land für Europa. Sie addieren sich für die Europäische Union
zu den Komplikationen, die sich aus dem Brexit-Entscheid der Briten ergeben
haben. Lösungen sind vorerst nicht in Sicht. Das sorgt für Unsicherheit.
Doch wenigstens an den Finanzmärkten ist
es am Montagmorgen vergleichsweise ruhig geblieben. Die Börsen in Japan und
China, auf wegen des Brexit-Votums die mit Sorge geschaut worden war, beendeten
den Handel deutlich im Plus. An Europas Börsen startete der Handel zwar im Minus.
Starke Einbrüche gab es allerdings zunächst nicht.
Fragile Ruhe
Die relative Ruhe an den Märkten hat Gründe. Im
Moment werden sich viele an die Hoffnung klammern, dass das britische
Parlament den Brexit irgendwie doch nicht Realität werden lässt. Doch das ist
eine überaus kühne und letztlich wenig realistische Hoffnung. Sie wird in dem
Moment zunichte gemacht, in dem die britische Regierung gegenüber der EU
offiziell den Austritt Großbritanniens erklärt.
Für eine Entwarnung ist es also in jedem Fall zu
früh. Die allgemeine Besorgnis, das Wissen um die überaus zähen politischen
Prozesse auf europäischer Ebene, um die Unfähigkeit der europäischen Staats-
und Regierungschefs zu klaren, raschen Entscheidungen im Europäischen Rat und
der sich abzeichnende Wackelkurs der Regierung in London wird dafür sorgen,
dass die Nervosität an den Märkten weiter sehr hoch bleibt. Denn jeder wird
sich daran erinnern, dass nicht die Staats- und Regierungschefs der sich immer
weiter zuspitzenden Euro-Krise ein Ende bereiteten, sondern EZB-Chef Mario
Draghi.
Ob er und sein Kollege in der Bank of England im
Fall der Fälle auch in der Brexit-Krise die Kohlen für Europa aus dem Feuer zu
holen vermögen, ist keineswegs garantiert. Das Rad hat sich seit 2012
weitergedreht. Die Ausgangslage an den Finanzmärkten ist heute für die
Notenbanken eine sehr viel schwierigere.
In Spanien sind die Militär- und Geheimdienst-Contractors für die Wahlen mit Wahlmaschinen zuständig. Wie man die Ergebnisse solcher "Wahlmaschinen" einseitig verändert, hat der CCC Chaos Computer Club nachgewiesen. Das Wahlergebnis ist unglaubwürdig.
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